
Häufiges und aufrichtiges Lob ist ein mächtiges Instrument im Erziehungsprozess, das die emotionale Entwicklung des Kindes unterstützt, sein Selbstwertgefühl stärkt und es zur Tat motiviert. Allerdings erzielt nicht jedes Lob positive Effekte – entscheidend ist, dass es ehrlich, konkret und situationsgerecht erfolgt.
Warum formt Lob die Psyche des Kindes?
• Lob hilft dem Kind zu erkennen, dass seine Anstrengungen bemerkt und wertgeschätzt werden, wodurch ein gesundes Selbstwertgefühl aufgebaut wird.
• Studien zeigen, dass Lob das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert und somit positives Verhalten verstärkt.
• Fehlt das Lob, kann dies zu geringem Selbstwertgefühl und mangelnder Motivation führen.
7 Prinzipien des wirkungsvollen Lobens
1. Konkret statt allgemein
Anstelle eines allgemeinen „Klasse gemacht!“ sollte man sagen: „Mir gefällt, wie sorgfältig du dieses Bild ausgemalt hast.“
2. Lob des Prozesses statt des Ergebnisses
Der Fokus auf die Anstrengung – „Ich sehe, wie hart du an dieser Aufgabe gearbeitet hast“ – fördert eine Wachstumsmentalität.
3. Optimale Häufigkeit
Zu häufiges Lob kann als unecht wahrgenommen werden.
4. Ehrlichkeit und Authentizität
Kinder spüren schnell Unechtheit – aufrichtiges Lob baut Vertrauen auf.
5. Vermeidung sozialer Vergleiche
Der Vergleich mit anderen Kindern kann zu Frustration und Konkurrenzdenken führen.
6. Altersgerechte Anpassung
Jüngere Kinder brauchen einfache Botschaften, während Ältere detailliertere Beschreibungen ihrer Leistungen schätzen.
7. Berücksichtigung der Wirkung auf andere
„Weil du deiner Schwester geholfen hast, konnten wir die Aufgabe schneller erledigen“ – solches Lob fördert Empathie.
Typische Fehler der Eltern
• Die Falle leerer Komplimente
Allgemeine Aussagen wie „Du bist die Schönste!“ geben dem Kind keine klaren Hinweise auf sein Verhalten.
• Aufbau einer Abhängigkeit von externer Bestätigung
Ständiges Lob kann dazu führen, dass das Kind nur noch handelt, um Anerkennung von anderen zu erhalten.
Praktische Übung für Eltern: Die Technik der „3 Konkreten pro Tag“
Lobe dein Kind eine Woche lang dreimal täglich und nenne dabei immer ein konkretes Verhalten (z. B. „Mir gefällt, wie geduldig du in der Schlange gewartet hast“ oder „Es ist sehr lieb von dir, dass du der Dame Hallo gesagt hast“). Beobachte, wie dein Handeln dein Kind beeinflusst – die Effekte werden schnell sichtbar.
Der Einfluss von Lob auf die familiären Beziehungen
Regelmäßig gelobte Kinder entwickeln ein stärkeres Vertrauen zu ihren Betreuungspersonen (vgl. Bowlby – mehr dazu: Wie beeinflussen frühe Beziehungen die emotionale Entwicklung?).
Studien der University of Michigan zeigen, dass Lob von Vätern häufiger mit dem Mut einhergeht, Risiken einzugehen. Ein Erziehungsstil, der Herausforderungen mit Unterstützung kombiniert – typisch für viele Väter – führt zu einer erhöhten Dopaminproduktion, was die Motivation zur Erkundung stärkt und die Angst vor dem Unbekannten mindert, indem der Umgang mit Frustration vorgelebt wird. Beobachtungen belegen, dass Kinder in neuen sozialen Situationen neugieriger sind und sich eher an schwierigeren Aufgaben versuchen (z. B. Puzzles, die über ihr Alter hinausgehen). Der Effekt ist am stärksten, wenn der Vater Herausforderungen mit emotionaler Unterstützung verbindet, etwa: „Ich sehe, dass du Bedenken hast, aber du schaffst das!“
Bei Jungen korreliert das Lob der Väter mit größerer physischer Kühnheit und manuellen Aktivitäten (z. B. dem Ausprobieren extremer Sportarten), während bei Mädchen unterstützendes Lob zu intellektueller Kühnheit führt (z. B. der Teilnahme an Wissenschaftswettbewerben).
Forscher betonen, dass das Verhältnis zwischen Quantität und Qualität des Lobs entscheidend ist – Kinder gehen eher Risiken ein, wenn Väter:
• Konkrete Strategien loben, wie etwa das Planen von Handlungsschritten oder das Anerkennen von Fortschrittsstufen, und
• übertriebenen, leeren Enthusiasmus (z. B. ein einfaches „Super!“ ohne Begründung) vermeiden.
Beispiele:
• „Das war ein ambitionierter Schritt, auch wenn du es nicht zu Ende geführt hast – das zeigt, dass du bereit bist, Risiken einzugehen.“
• „Ich bewundere, wie du am Anfang mit dieser Situation umgegangen bist – das stärkt deine mentale Widerstandskraft.“
Wann schadet Lob? – Das Ideal-Kind-Syndrom
Übermäßiges Lob kann zu:
• Angst vor dem Scheitern führen („Ich muss perfekt sein, damit meine Eltern stolz auf mich sind“),
• dem Vermeiden von Herausforderungen („Ich werde es nicht versuchen, weil ich den Erwartungen vielleicht nicht gerecht werde“).
Beispiele, wie man Kinder lobt
• Stärkendes Lob:
„Ich bewundere, wie du Probleme Schritt für Schritt löst.“
• Konkrete Verhaltensbeschreibungen:
„Ich sehe, dass du das Puzzle begonnen hast, indem du die Randstücke sortiert hast – das ist eine großartige Strategie!“
• Anerkennung von Ausdauer:
„Mir gefällt, wie du fünfmal versucht hast, deine Schnürsenkel zu binden, bevor du um Hilfe gebeten hast.“
• Lob für Fortschritte:
„Mir ist aufgefallen, dass du heute schneller gelesen hast als gestern.“
• Anerkennung der Selbstständigkeit:
„Super, dass du deinen Rucksack für den Schwimmunterricht selbst gepackt hast – du hast alles dabei, was du brauchst!“
• Prosoziales Lob:
„Dein Freund war froh, als du ihm geholfen hast.“
• Förderung emotionaler Sensibilität:
„Du hast dein Sandwich mit einem Freund geteilt, der sein Pausenbrot vergessen hatte – das war sehr rücksichtsvoll.“
• Wahrnehmung des Einflusses auf andere:
„Oma hat gelächelt, als du ihr geholfen hast, das Besteck zusammenzuräumen.“
• Belohnung von Konfliktlösungen:
„Mir hat gefallen, wie du ein Spiel vorgeschlagen hast, das du zusammen mit deiner Schwester spielen konntest.“
• Lob für proaktive Hilfe:
„Du hast selbst bemerkt, dass der Hund raus will – danke, dass du ihm die Tür geöffnet hast.“
Das Hervorheben prosozialen Verhaltens steigert die Neigung der Kinder, anderen zu helfen, um 50 %, während konkrete Prozesslobs die Ausdauer bei schwierigen Aufgaben verbessern. Entscheidend ist die Kombination beider Ansätze – etwa: „Ich sehe, dass du dreimal die Buchstaben in diesem Wort verbessert hast; zeig Mama, wie du das gemacht hast – ich bin sicher, dass diese Methode neu für dich ist.“
Effektives Lob ist der Schlüssel zum Aufbau eines gesunden Selbstwertgefühls bei Kindern und ihrer Motivation zum Handeln. Dabei liegt seine Stärke in der Aufrichtigkeit, der Konkretisierung und der Anpassung an die individuellen Bedürfnisse des Kindes.